#SuccessStory: Lesen statt nur hören

Die Wiener TETRAGON Braille Systems GmbH arbeitet an der Entwicklung eines leichten, tragbaren Gerätes, das digitale Texte von Computern und Smartphones in Brailleschrift darstellt: Der „BrailleRing“ soll helfen, die Blindenschrift im Bildungswesen wieder verstärkt zu verankern.

Hilfsmittel für Menschen mit Behinderung begleiteten den pensionierten TU-Elektrotechniker Wolfgang Zagler sein ganzes Berufsleben lang. Er war federführend an der Entwicklung von Displays, Lesegeräten und Scan-Robotern beteiligt und hat bereits in den 1980ern den Prototyp eines tragbaren Koffers entwickelt, mit dem sich gedruckte Texte elektronisch in Braillezeichen umwandeln ließen. Die hohen Produktionskosten verhinderten damals die Serienproduktion.

Die „Braille-Literacy“ fördern

Fast 40 Jahre und mehrere Technikgenerationen später haben sich computerbasierte Systeme miniaturisiert. Ein digitales Braille-Lesegerät muss in der Jackentasche Platz haben – und genau das ist das ambitionierte Forschungsziel des Teams von TETRAGON um Wolfgang Zagler: Mit dem BrailleRing will das Spin-off der TU Wien ein leichtes, tragbares und wirtschaftlich marktfähiges Gerät entwickeln, das die Braille-Literacy wieder anhebt. Denn durch digitale Sprachausgabesysteme ist die Fähigkeit, Blindenschrift zu lesen, unter blinden und sehbehinderten Menschen in Mitteleuropa laut Zagler von rund 80 % auf unter 40 % gesunken. „Um blinden Menschen den Zugang zu höherer Bildung zu ermöglichen, müssen sie vom Kindergartenalter weg an die Brailleschrift herangeführt werden“, ist der Forscher überzeugt.

Das Mock-up des BrailleRings zeigt, wie kompakt und robust das Produkt werden soll. Foto: TETRAGON

Handlich und robust

Der Prototyp des BrailleRings ist so groß wie eine Handfläche. Die Braille-Anzeige-Elemente sind im Inneren des Ringes angeordnet, und das Gerät wird über eine universelle Schnittstelle zu digitalen Endgeräten (Computern, E-Book-Reader, Smartphones) verfügen. Zwar sind kurze handelsübliche Braille-Zeilen, die an Computer angeschlossen werden, mittlerweile bereits um rund 800 Euro zu erstehen. Jedoch wiegen längere Zeilen mehrere Kilogramm und sind daher nur eingeschränkt mobil einsetzbar. Außerdem reagieren alles Braille-Zeilen meist empfindlich, wenn Feuchtigkeit und Staub ins Spiel kommen.

„Über 90 % der blinden Weltbevölkerung lebt in Low-Income-Countries“, sagt Zagler. Und dort ist Luftfeuchtigkeit und Staub vielfach ein Thema. Das TETRAGON-Team will den BrailleRing daher so robust gestalten, dass das Anzeigenelement einfach herausgenommen und gereinigt werden kann. Ein Vorteil ist dabei, dass der Ring mit 9 Aktuatoren auskommt, während eine herkömmliche Braille-Zeile 240 und mehr Antriebe benötigt.

Arbeit am Prototyp

Auf dem Weg zur Vereinfachung und Miniaturisierung des Anzeigesystems waren verschiedene technische Probleme zu lösen – etwa, als sich die Mikro-Magnetfelder zur Steuerung der Braille-Elemente gegenseitig in die Quere kamen. Diese Kinderkrankheiten wurden mittlerweile ausgeräumt. „Wir haben dabei sehr viel Pionierarbeit geleistet“, ist Zagler stolz.

Design-Rendering des geplanten Produkts. Bild: TETRAGON

Im Herbst 2022 will das TETRAGON-Team einen funktionierenden Prototyp bauen. Momentan arbeiten sechs Techniker und zehn Studierende an der Entwicklung. Die Vision ist es, den BrailleRing nach seiner Heranführung an Marktreife in hoher Stückzahl fertigen zu können bzw. die Komponenten im Bausatz-Verfahren direkt in Entwicklungsländern fertigen zu lassen, wo sie nahe an den potenziellen Abnehmern sind.

Gefördert wird die Arbeit am BrailleRing aus Mitteln des Basisprogramms der FFG.

Kontakt zum Projektteam

Dr. Wolfgang Zagler

TETRAGON Braille Systems GmbH
Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Zagler
Bennoplatz 4/2/9
1080 Wien
Tel. +43 681 20652038
E-Mail: office@tetragon.at
www.tetragon.at